Gruppenbild der geothermalen Hydrochemie

Als Energieträger und Transportmedium sind geothermische Fluide die Schlüsselkomponente für die geothermische Energieerzeugung. Sie sind in der Regel stark salzhaltig und haben eine komplexe Zusammensetzung, die in erster Linie von der Art des Reservoirgesteins, der Temperatur und dem Druck, der Verweilzeit und der Herkunft des Fluids bestimmt wird. Gelöste Gase wie CO2, H2S und CH4 können die Komplexität weiter erhöhen. Dieses schwierige chemische Umfeld stellt eine Herausforderung für die technische Handhabung der Fluide in den verschiedenen Phasen des Thermalwasserkreislaufs dar. Unsere Forschung befasst sich mit Scalingbildungsprozessen, der Gewinnung von Rohmineralien, der geochemischen Exploration, der Entwicklung neuartiger Tracer und der Charakterisierung der Fließwege im Reservoir

Hydrochemische Analyse und Simulation

Eine zuverlässige Quantifizierung des chemischen Systems ist für das Prozessverständnis und die Vorhersage des Systemverhaltens als Reaktion auf geothermale Nutzung unerlässlich. Experimentelle Techniken und numerische geochemische Modelle werden eingesetzt, um die chemischen Wechselwirkungen zwischen Gestein, Fluid, Gasen und Ausfällungen zu quantifizieren. Die zunehmende Verfügbarkeit von Daten ermöglicht es uns, Techniken des maschinellen Lernens einzusetzen, um chemische Systeme auf der Grundlage umfassender Multiparameter-Analysen zu bewerten. Hierzu werden im MALEG Projekt neuartige Techniken entwickelt und getestet.

Durch Wärmeentzug und Druckentlastung während der Förderung verändern sich die physikalischen, hydrochemischen und thermodynamischen Eigenschaften des geothermischen Fluids. Dies stört das chemische Gleichgewicht und kann zur Bildung von Scaling (Mineralausfällungen) führen. Wir arbeiten an Methoden zur zuverlässigen Vorhersage von Ausfällungen, der Gestaltung von Prozessen zur Vorbehandlung der Fluide und Maßnahmen zur Scalingvermeidung.

In Thermalwasser gelöste Metalle werden zunehmend zu einer interessanten Alternative zu konventionellen abgebauten Rohstoffen. Zahlreiche Bestandteile, wie z.B. Lithium, Bor, Silizium und Magnesium sind zum Teil in hohen Konzentrationen enthalten. Eine Co-Produktion von Energie und mineralischen Rohstoffen können Investitionen in Geothermieinfrastruktur lohnender machen. Als minimalinvasives Bergbauverfahren ist die Gewinnung von Rohstoffen aus geothermalen Fluiden umweltschonender und kann dazu beitragen, die Abhängigkeit Europas von Rohstofflieferungen aus Drittländern zu verringern. Unser Forschungsschwerpunkt im Projekt BrineMine liegt auf der Bewertung der Ressourcen, der Berechnung langfristiger Szenarien des Lagerstättenverhaltens und der Gestaltung von Fluidvorbehandlungsprozessen.

Je nach geothermalem Play-Type sind geeignete geochemische Explorationsmethoden erforderlich, um wichtige Informationen über das Reservoir, wie z. B. die Reservoirtemperatur oder die Herkunft der Wässer für ein Nachhaltiges Ressourcenmanagement, zu ermitteln. Wir konzentrieren uns auf die Entwicklung neuer Techniken zur Bestimmung der Lagerstättentemperatur sowie auf die Weiterentwicklung traditioneller geochemischer Explorationsmethoden.

Aktuelle Arbeiten
  • Machine Learning zur hydrochemischen Quantifizierung in salinaren Fluiden (MALEG Projekt / Dissertation Michael Trumpp)
  • Numerische Modelle zur Quantifizierung von Scaling (DeepStor Projekt)
  • Rohstoffextraktion aus geothermalen Fluiden (BrineMine Projekt / Dissertation Valentin Goldberg)
  • Entwicklung von Explorationsmethoden: Neue Geothermometriemethoden (Dissertation Lars Ystroem)
  • Geochemische Explorations-Kampagnen (e.g. Chile, Indonesia)

 

Heiße Quelle mit Ausfluss
Numerische Modellierungen der Reservoirtemperatur
Autoklaven Versuchsstand

Fließwege und Reservoirhydraulik

Vergleich von verschiedenen Nanotracern
Forced Fracture Fluid Flow and Transport Teststand

Die Performance eines Reservoirs wird maßgeblich durch seine Geometrie, die räumliche Verteilung der Fließwege und ihre hydraulischen Eigenschaften bestimmt. In geothermischen Reservoiren werden häufig Fluoreszenzfarbstoffe als Tracer injiziert und ihr Wiedererhalt gemessen, um diese hydraulischen Parameter zu charakterisieren. In Zusammenarbeit mit dem Institut für Nanotechnologie am KIT entwickeln wir Smart Nanoparticle Tracer. Wir untersuchen die Transport- und Adsorptionseigenschaften dieser Partikel und entwickeln Techniken, um sie an die spezifischen Anforderungen der Anwendungen in der Geothermie anzupassen. Zusätzlich zu den konventionellen Messungen des Rückerhalts über die Zeit werden derzeit komplexere Partikeldesigns untersucht, die auch die Erfassung anderer Reservoirparameter, wie beispielsweise die Temperatur entlang des Fließweges, ermöglichen werden. 

Charakteristisch für Enhanced Geothermal Systems ist die Fluidströmung in präexistenten und gescherten Klüften in einer ansonsten nahezu dichten Gesteinsmatrix. Geothermietypische hydraulische Randbedingungen können in Verbindung mit den komplexen Kluftgeometrien ein turbulenzartiges Strömungsverhalten verursachen. Um die in diesem Zusammenhang noch ungelösten zentralen Fragen der Hydraulik, des Transports und deren Einfluss auf die Fluidchemie zu untersuchen, haben wir das von der DFG geförderte F4aT-Hydrauliklabor (Forced Fracture Fluid Flow and Transport) aufgebaut. Mit Hilfe eines 3D-Scanners, eines 3D-Druckers und eines hydraulischen Versuchsaufbaus können turbulente Strömungsregime auf rauen Klüften experimentell untersucht werden. Die Ergebnisse werden zum besseren Prozessverständnis und zur Kalibrierung und Parametrisierung numerischer Modelle genutzt.

Aktuelle Arbeiten
  • Entwicklung und Anwendung von Smart Nanopartikel Tracer (Dissertation Laura Spitzmüller)
  • Untersuchung zur Hydraulik auf rauen Klüften im F4aT – Labor (Dissertation Carola Buness)

 

Publikationen